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http://www.welt.de/data/2006/07/28/976860.html
Wackelige Konstruktion
Der amerikanische Traum vom eigenen Heim ist auf Kredite gebaut - Vielen US-Bürgern droht die Überschuldung
Von Martin Dowideit
New York - Normalerweise kümmert sich Paul Harden nur um nackte Zahlen. Der Kreditvermittler aus Cypress im Süden Kaliforniens berät bei Hausfinanzierungen, berechnet Zinsen und vermittelt Hypothekenverträge. Doch inzwischen muß er sich zunehmend um die seelische Verfassung seiner Kunden kümmern.
Die Verzweiflung einiger Hausbesitzer ist groß. Etliche haben in den vergangenen Wochen Schreiben erhalten, in denen lapidar steht, daß sich die Ratenzahlungen auf ihr Haus ab sofort verdoppeln. "Ich muß nicht nur nach Umschuldungsmöglichkeiten suchen, sondern gleichzeitig psychologische Talente entwickeln", sagt Harden.
Auslöser für die steigenden Zinsen sind die Entscheidungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Seit Juni 2004 hat sie den Leitzins in kleinen Schritten von einem auf 5,25 Prozent angehoben. Für Banken ist es dadurch teurer geworden, sich Geld bei der Zentralbank zu leihen. Diese höheren Kosten schlagen die Geldhäuser bei den Immobilienzinsen drauf - sowohl bei neuen Hypothekenverträgen als auch bei bestehenden Verträgen mit flexiblem Zinssatz.
Der US-Eigenheimmarkt kämpft derzeit mit zwei Herausforderungen. Zum einen machen es die steigenden Zinsen teurer, einen Hauskauf zu finanzieren. Die Häusernachfrage sinkt daher. Zum anderen ist es dadurch zu einem Überangebot an Häusern gekommen, die in Erwartung eines lange anhaltenden Immobilienbooms von Bauunternehmen errichtet wurden. Derzeit stehen 1,5 Mio. Häuser in den USA leer, ein Sechstel mehr als im Vorjahr und so viele wie noch nie zuvor seit Beginn der Leerstandsmessung 1994.
Die zwischen 2000 und 2005 unaufhaltsam steigenden Immobilienpreise scheinen sich zumindest in einigen Regionen zu stabilisieren. Ein von Yale-Professor Robert Shiller entwickelter Hauspreisindex registriert etwa in der Region Boston bereits stagnierende Preise. "Die Entwicklung dort könnte auf andere Regionen ansteckend wirken", schätzt der Ökonom, der zum Jahrtausendwechsel den Einbruch des Aktienmarkts treffend vorausgesagt hatte und dadurch bekannt geworden war.
Die US-Regierung veröffentlicht an diesem Freitag die vorläufigen Zahlen für das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal. Wahrscheinlich fällt es nicht so üppig aus wie bisher, was zu einem Gutteil am Markt für Eigenheime liegt. War die US-Wirtschaft im ersten Quartal noch um 5,6 Prozent gewachsen, erwartet etwa die Investmentbank Goldman Sachs nur noch 3,2 Prozent für die vergangenen drei Monate.
Die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt drückt gleich doppelt auf das Wachstum. Denn sowohl die Zins- als auch die aktuelle Preisentwicklung für Wohnhäuser drücken den Konsum in den USA - wenn auch mit Zeitverzögerung. Die höheren Zinsen wirken wie eine Steuer, so daß Immobilienbesitzer weniger Geld in der Tasche haben, um Fernseher oder Autos zu kaufen. Die fallenden Immobilienpreise lassen gleichzeitig eine höhere Schuldenaufnahme auf Eigenheime nicht zu. In den vergangenen Jahren hatten Millionen Amerikaner die Preisanstiege ihrer Häuser genutzt, um mehr Kredite auf die Eigenheime aufzunehmen und das Geld dann ins Einkaufszentrum ihrer Wahl zu tragen.
Allein 2004 sind nach Schätzung der Deutschen Bank auf diese Weise etwa 300 Mrd. Dollar( 2005 ca 750mrd$ ergänzt jmf) in die Wirtschaft geflossen. Bis zum Ende dieses Jahres werde diese Konjunkturspritze jedoch komplett versiegen, vermutet der US-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Peter Hooper. Ökonom Shiller hält eine Rezession wie Anfang der neunziger Jahre für möglich.
Nicht ganz so pessimistisch ist David Wyss, Chefvolkswirt der Ratingagentur Standard & Poors. "Den Verbrauchern wird eine ganze Menge Geld fehlen, das bislang zum Großteil in Renovierungen gesteckt wurde", sagt Wyss. (der typ hat bis anfang 2006 nicht mal erkannt das es ne blase gab. der teil mit den renovierungen ist lachhaft. der größte teil wurde für den konsúm verpulvert/erg. jmf)In der Folge leidet die Baubranche, Arbeitsplätze sind gefährdet. Der Gesamteffekt wird das US-Wirtschaftswachstum in diesem Jahr um 0,5 Prozentpunkte nach unten drücken, wie der Volkswirt schätzt. Im kommenden Jahr werde das Wachstum gar um etwa einen Prozentpunkt niedriger ausfallen als möglich. Der private Konsum erzeugt knapp 70 Prozent der US-Wirtschaftsleistung.
Das Problem ist dennoch kein rein amerikanisches, denn die USA importieren zahlreiche Waren. Das Land steuert zum Welthandel 10,1 Prozent bei. "Der US-Konsument ist seit vielen Jahren die Stütze der Weltwirtschaft", sagt deshalb Stephen Roach, Chefvolkswirt der Investmentbank Morgan Stanley. Ein Rückgang der Konsumausgaben als Folge eines schwächelnden Immobilienmarkts wirkt sich daher weltweit aus.
Das trifft auch Deutschland: Denn die Schwankungen des US-Wirtschaftswachstums erreichen die Bundesrepublik mit einer Zeitverzögerung von einigen Quartalen zu etwa der Hälfte. Dazu trägt bei, daß die USA der zweitgrößte Importeur von deutschen Waren sind.
Besonders schwer treffen die steigenden Zinsen jene US-Hausbesitzer, die ihr Eigenheim über einen Kredit mit flexiblem Zinssatz finanziert haben. Anders als in Deutschland sehen die meisten Verträge dieser Art eine erste Zinsanpassung erst nach drei bis fünf Jahren Laufzeit vor. Etwa jeder dritte Hauskäufer in den USA setzt auf solche Verträge. Wer also vor drei Jahren einen Kredit zum Superniedrigzins abgeschlossen hat, muß jetzt viel zahlen. Für einen der Kunden von Kreditmakler Harden bedeutet das etwa eine monatliche Zahlung von 3000 statt bislang 1500 Dollar.
Insgesamt stehen nach Schätzungen der Moody's-Tochter Economy.com zwei Billionen Dollar privater Immobilienkredite aus, deren Zinssätze sich in diesem oder im kommenden Jahr erhöhen werden. Nach einer Studie des Marktbeobachters First American müssen etwa 1,4 Mio. Haushalte damit rechnen, daß ihre Zinszahlungen um mehr als die Hälfte steigen. Die durchschnittliche Haushaltsbelastung durch Immobilienkredite ist im ersten Quartal um ein Sechstel gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen.
Die Kunden von Kreditmakler Harden suchen derzeit händeringend nach Möglichkeiten, ihre Kredite umzuschichten und ihre Finanzen in den Griff zu bekommen. Glaubt man der Werbung des Kreditanbieters Ditech.com, ist eine solche Refinanzierung "einfacher, als eine Pizza zu bestellen". Große Sparchancen sieht Harden jedoch nicht. Viele Kunden hätten vor einigen Jahren flexible Zinsverträge oder Nur-Zins-Kredite abgeschlossen, deren Tilgung erst einige Jahre nach Abschluß einsetzt. "Die Ratenzahlungen für solche Kredite werden auch nach einer Refinanzierung 40 Prozent über den vergangenen Niedrigzinsen liegen", sagt Harden.
Mehrere tausend Hausbesitzer in den USA müssen daher mittelfristig die Zwangsversteigerung ihres Eigenheims befürchten. Sie haben sich von Billigkrediten locken lassen und können höhere Zinsen nicht verkraften. "Der Schuldenstand bietet einfach keinen Spielraum", sagt Harden. Gemeinsam mit der Immobilienblase platzt dann auch der amerikanische Traum vom Eigenheim
gruß
jm
Wackelige Konstruktion
Der amerikanische Traum vom eigenen Heim ist auf Kredite gebaut - Vielen US-Bürgern droht die Überschuldung
Von Martin Dowideit
New York - Normalerweise kümmert sich Paul Harden nur um nackte Zahlen. Der Kreditvermittler aus Cypress im Süden Kaliforniens berät bei Hausfinanzierungen, berechnet Zinsen und vermittelt Hypothekenverträge. Doch inzwischen muß er sich zunehmend um die seelische Verfassung seiner Kunden kümmern.
Die Verzweiflung einiger Hausbesitzer ist groß. Etliche haben in den vergangenen Wochen Schreiben erhalten, in denen lapidar steht, daß sich die Ratenzahlungen auf ihr Haus ab sofort verdoppeln. "Ich muß nicht nur nach Umschuldungsmöglichkeiten suchen, sondern gleichzeitig psychologische Talente entwickeln", sagt Harden.
Auslöser für die steigenden Zinsen sind die Entscheidungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Seit Juni 2004 hat sie den Leitzins in kleinen Schritten von einem auf 5,25 Prozent angehoben. Für Banken ist es dadurch teurer geworden, sich Geld bei der Zentralbank zu leihen. Diese höheren Kosten schlagen die Geldhäuser bei den Immobilienzinsen drauf - sowohl bei neuen Hypothekenverträgen als auch bei bestehenden Verträgen mit flexiblem Zinssatz.
Der US-Eigenheimmarkt kämpft derzeit mit zwei Herausforderungen. Zum einen machen es die steigenden Zinsen teurer, einen Hauskauf zu finanzieren. Die Häusernachfrage sinkt daher. Zum anderen ist es dadurch zu einem Überangebot an Häusern gekommen, die in Erwartung eines lange anhaltenden Immobilienbooms von Bauunternehmen errichtet wurden. Derzeit stehen 1,5 Mio. Häuser in den USA leer, ein Sechstel mehr als im Vorjahr und so viele wie noch nie zuvor seit Beginn der Leerstandsmessung 1994.
Die zwischen 2000 und 2005 unaufhaltsam steigenden Immobilienpreise scheinen sich zumindest in einigen Regionen zu stabilisieren. Ein von Yale-Professor Robert Shiller entwickelter Hauspreisindex registriert etwa in der Region Boston bereits stagnierende Preise. "Die Entwicklung dort könnte auf andere Regionen ansteckend wirken", schätzt der Ökonom, der zum Jahrtausendwechsel den Einbruch des Aktienmarkts treffend vorausgesagt hatte und dadurch bekannt geworden war.
Die US-Regierung veröffentlicht an diesem Freitag die vorläufigen Zahlen für das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal. Wahrscheinlich fällt es nicht so üppig aus wie bisher, was zu einem Gutteil am Markt für Eigenheime liegt. War die US-Wirtschaft im ersten Quartal noch um 5,6 Prozent gewachsen, erwartet etwa die Investmentbank Goldman Sachs nur noch 3,2 Prozent für die vergangenen drei Monate.
Die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt drückt gleich doppelt auf das Wachstum. Denn sowohl die Zins- als auch die aktuelle Preisentwicklung für Wohnhäuser drücken den Konsum in den USA - wenn auch mit Zeitverzögerung. Die höheren Zinsen wirken wie eine Steuer, so daß Immobilienbesitzer weniger Geld in der Tasche haben, um Fernseher oder Autos zu kaufen. Die fallenden Immobilienpreise lassen gleichzeitig eine höhere Schuldenaufnahme auf Eigenheime nicht zu. In den vergangenen Jahren hatten Millionen Amerikaner die Preisanstiege ihrer Häuser genutzt, um mehr Kredite auf die Eigenheime aufzunehmen und das Geld dann ins Einkaufszentrum ihrer Wahl zu tragen.
Allein 2004 sind nach Schätzung der Deutschen Bank auf diese Weise etwa 300 Mrd. Dollar( 2005 ca 750mrd$ ergänzt jmf) in die Wirtschaft geflossen. Bis zum Ende dieses Jahres werde diese Konjunkturspritze jedoch komplett versiegen, vermutet der US-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Peter Hooper. Ökonom Shiller hält eine Rezession wie Anfang der neunziger Jahre für möglich.
Nicht ganz so pessimistisch ist David Wyss, Chefvolkswirt der Ratingagentur Standard & Poors. "Den Verbrauchern wird eine ganze Menge Geld fehlen, das bislang zum Großteil in Renovierungen gesteckt wurde", sagt Wyss. (der typ hat bis anfang 2006 nicht mal erkannt das es ne blase gab. der teil mit den renovierungen ist lachhaft. der größte teil wurde für den konsúm verpulvert/erg. jmf)In der Folge leidet die Baubranche, Arbeitsplätze sind gefährdet. Der Gesamteffekt wird das US-Wirtschaftswachstum in diesem Jahr um 0,5 Prozentpunkte nach unten drücken, wie der Volkswirt schätzt. Im kommenden Jahr werde das Wachstum gar um etwa einen Prozentpunkt niedriger ausfallen als möglich. Der private Konsum erzeugt knapp 70 Prozent der US-Wirtschaftsleistung.
Das Problem ist dennoch kein rein amerikanisches, denn die USA importieren zahlreiche Waren. Das Land steuert zum Welthandel 10,1 Prozent bei. "Der US-Konsument ist seit vielen Jahren die Stütze der Weltwirtschaft", sagt deshalb Stephen Roach, Chefvolkswirt der Investmentbank Morgan Stanley. Ein Rückgang der Konsumausgaben als Folge eines schwächelnden Immobilienmarkts wirkt sich daher weltweit aus.
Das trifft auch Deutschland: Denn die Schwankungen des US-Wirtschaftswachstums erreichen die Bundesrepublik mit einer Zeitverzögerung von einigen Quartalen zu etwa der Hälfte. Dazu trägt bei, daß die USA der zweitgrößte Importeur von deutschen Waren sind.
Besonders schwer treffen die steigenden Zinsen jene US-Hausbesitzer, die ihr Eigenheim über einen Kredit mit flexiblem Zinssatz finanziert haben. Anders als in Deutschland sehen die meisten Verträge dieser Art eine erste Zinsanpassung erst nach drei bis fünf Jahren Laufzeit vor. Etwa jeder dritte Hauskäufer in den USA setzt auf solche Verträge. Wer also vor drei Jahren einen Kredit zum Superniedrigzins abgeschlossen hat, muß jetzt viel zahlen. Für einen der Kunden von Kreditmakler Harden bedeutet das etwa eine monatliche Zahlung von 3000 statt bislang 1500 Dollar.
Insgesamt stehen nach Schätzungen der Moody's-Tochter Economy.com zwei Billionen Dollar privater Immobilienkredite aus, deren Zinssätze sich in diesem oder im kommenden Jahr erhöhen werden. Nach einer Studie des Marktbeobachters First American müssen etwa 1,4 Mio. Haushalte damit rechnen, daß ihre Zinszahlungen um mehr als die Hälfte steigen. Die durchschnittliche Haushaltsbelastung durch Immobilienkredite ist im ersten Quartal um ein Sechstel gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen.
Die Kunden von Kreditmakler Harden suchen derzeit händeringend nach Möglichkeiten, ihre Kredite umzuschichten und ihre Finanzen in den Griff zu bekommen. Glaubt man der Werbung des Kreditanbieters Ditech.com, ist eine solche Refinanzierung "einfacher, als eine Pizza zu bestellen". Große Sparchancen sieht Harden jedoch nicht. Viele Kunden hätten vor einigen Jahren flexible Zinsverträge oder Nur-Zins-Kredite abgeschlossen, deren Tilgung erst einige Jahre nach Abschluß einsetzt. "Die Ratenzahlungen für solche Kredite werden auch nach einer Refinanzierung 40 Prozent über den vergangenen Niedrigzinsen liegen", sagt Harden.
Mehrere tausend Hausbesitzer in den USA müssen daher mittelfristig die Zwangsversteigerung ihres Eigenheims befürchten. Sie haben sich von Billigkrediten locken lassen und können höhere Zinsen nicht verkraften. "Der Schuldenstand bietet einfach keinen Spielraum", sagt Harden. Gemeinsam mit der Immobilienblase platzt dann auch der amerikanische Traum vom Eigenheim
gruß
jm
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